MQ JAHRESRÜCKBLICK 2008

20. The Young Gods – Knock On Wood

Zur Einordnung: Die Hochgeschätzte (u.a. von Mike Patton, Trent Raznor), aber, über Szene-Grenzen hinweg, kaum bekannte Schweizer Industrial-Formation The Young Gods existiert bereits seit 1985 und erhielt ihr markantestes Credo vor über 20 Jahren, durch die permanente Verwendung von digitalen Samples. Nun machen die Sample-Pioniere auf akustisch – kann das gut gehen? Es kann, ohne aufgerissene Augen und offene Münder zu erreichen, aber es kann […]

19. Santogold – Same

New Rave, Punk-Rock, Dancehall, Electro-Pop, Banghra, HipHop, Indie-Rock, Dub; genauso unvereinbar wie beim lesen, erscheint ein solcher Stil-Melting Pot akustisch, wenn er beliebig aneinandergereiht wird. Santogold, bürgerlich Santi White, ursprünglich aus Philadelphia, musikalisch geerdet und mittlerweile beheimatet in – wo sonst – New York, schafft aber das schier Unmögliche: ein heterogenes, gelungenes und Aufsehen erregendes Debütalbum daraus zu kredenzen […]

18. Nôze – Songs On The Rocks

„How To Dance“ hieß der durchtriebene, minimalistische Elektro-Schabernack, der uns alle die betrunkenen Tanzabende versüßte, mit schmissigen, wie gewagten Ironie-Parolen à la „Come on and follow me / we’ll have some fun / I make you come all night long“ oder „I wash my feet / and I feel so good / I brush my teeth / and I feel so good / i clean my nose (oder nôze) / and I’m ready for my love affair“. Ach war das schön in den vergangenen zwei Jahren in Clubs dazu zu strampeln […]

17. Vampire Weekend – Same

Wow! Indie-Pop kann sich sehr wohl neu erfinden. Zu verdanken hat das Genre dieses Urteil einer frisch, frivolen Brooklyner Studentenkombo (der Sänger – schon wieder: Literatur!), die sich an der nicht gerade preisgünstigen Columbia University kennen lernen und einen gemeinsamen Nenner feststellen: die Liebe zu Paul Simons 1986 erschienen Südafrika-Album „Graceland“. Und wer dies kennt, weiß was nun kommt. Indie-Rock, der gelassenen strokes’schen Schule meets Afro-Pop […]

16. Lykke Li – Youth Novels

Mädchenmusik! urteilte mein lederbejackter Freund und hatte zielsicher ins Schwarze getroffen. Fragil der Gesang, süßlich verträumt die sich eröffnenden Sphären, nachdenklich gesäuselt die Texte. Die nächste Independent-Pop-Elfe die stark an Feist erinnert und mit Joanna Newsom, Björk und Natasha Khan (Bat For Lashes) um Absatzmärkte buhlt, könnte man negativ konnotiert urteilen. Doch bitte warum muss beständig der verschwörungstheoretische Ansatz eines gesteuerten Trends ausgemacht werden? […]

15. The Duke Spirit – Neptune

bbc.co.uk:

If 2005’s Cuts Across The Land showed a young but ambitious group caught standing in the shadows of their musical heroes, The Duke Spirit’s latest album sees them emerging out of the shade with a mature set that’s as powerful as it is energetic. When the frantic sneer-pop of Send A Little Love Token roars out from the speakers, it’s impossible not to experience the adrenalin rush of being in the company of a band not only on their way, […]

14. The Cool Kids – The Bake Sale

„What it is, what it is/ Come check the noise/ It’s the new black version of the Beastie Boys”. Das man noch erleben darf, dass großspurige Ansagen im HipHop Wort halten. Doch wahrlich: The Cool Kids geben dem kränkelndem Genre endlich wieder Hoffnung. Nie klang Old School neuer, zurück in die Zukunft schreiben manche Beobachter auf ihre Fahnen. Minimale Beatarrangements haben erst die elektronische Musikwelt konkretisiert, wenn nicht gar gerettet – jetzt ist HipHop dran […]

13. Crystal Castles – Same

Es erscheint manchmal so müßig den kometenhaften Werdegang des nächsten MySpace-Hypes zu reflektieren, weil man meinen möchte, das Alles in ähnlicher Form schon gekannt und verfolgt zu haben und weil man scheinbar nicht vermeiden kann, weiterer Inhalt des recherchierbaren Einheitsbreis zu werden. Ist es also falsch, hier einfach an Wikipedia und die Konkurrenz zu verweisen, wem nach Erfassung der Prominentwerdung dürstet? […]

12. Blood Red Shoes – Box Of Secrets

musikexpress.de:

Alles-oder-nichts-Rock von der Seaside – BOX OF SECRETS, das Debüt des britischen Duos Blood Red Shoes. So könnten auch die Yeah Yeah Yeahs bei ihrem ersten Disco-Besuch klingen. Um eine Geschichte zur Geschichte der Blood Red Shoes war Steven Ansell noch nie verlegen. Von der Wollmütze, die er Laura-Mary Carter mit der Androhung[…]

11. The Faint – Fasciinatiion

Eine herrlich ferne und überzeugend andere Welt kreieren The Faint auf Album Nummer fünf. Indie, New Wave und glamourös tanzbar ist daran nichts mehr. Elektro-Pop Hymnik die unglaublich modern, aber mit benebelten, verträumten 80er-Charme aufwartet. Eine Mischung die Eingangs irritiert, bei vertiefter Beschäftigung aber, springt der Virus über. Der sichere Schoß von Saddle Creek wurde verlassen, das eigene Label blank.wave aus der Taufe gehoben, die Band befindet sich im 14. Lebensjahr; […]

10. Hercules And Love Affair – Same

wienerzeitung.at:

Wenn es 2008 darum gehen soll, den Disco-Sound der 70er Jahre zu revitalisieren, ist Skepsis angebracht. Stichwort: Haben wir denn gar nichts gelernt? Und: Sind wir nicht alle ein bisschen bluna ? Der 29-jährige, aus Denver gebürtige und heute in New York arbeitende DJ und Produzent Andrew Butler macht auf dem selbstbetitelten Debütalbum seines Projekts […]

09. Nick Cave And The Bad Seeds – Dig, Lazarus, Dig !!!

intro.de:

Trotz aller berechtigten Kritik an Religion und deren weltlicher Umsetzung kann es natürlich nie schaden, über die Worte, auf die sich ganze Kriege beriefen, Bescheid zu wissen.

Das sieht sicher auch Nick Cave so und hat es sich seit geraumer Zeit zur Gewohnheit gemacht, mehr oder weniger direkt auf die heilige Schrift […]

08. Tricky – Knowle West Boy

Im Sinne des direkten Einstiegs von „Knowle West Boy“: Tricky, alias Adrian Thaws, ist sein bestes Album gelungen. Mit einer bewundernswert verspielten Experimentierfreude und Leichtigkeit, wie man sie bei Thaws noch nie erlebt hat. Wenn es etwas an seinem schwer zugänglichen, aber wertvollen Experimentalpop, der mit Trip Hop schnell nur ungenügend kategorisiert werden konnte, auszusetzen gab, dann seine ab und an durchschimmernde Verkrampft- und Verbissenheit – […]

07. Portishead – Third

culturebully.com:

What has been roughly ten years in the making finally sees release in the form of Third, the aptly titled release from the Bristol-based trio known in part for helping standardize trip hop in the mid ’90s. With the exception of a few scattered contributions and a Beth Gibbons solo album the group has been largely unspoken for in commercial recording since its 1997 self titled release, […]

06. Beck – Modern Guilt

washingtonpost.com:

As a songwriter, Beck Hansen is something like an abstract expressionist. Over a 16-year recording career, this grandson of Fluxus artist Al Hansen (and the son of Andy Warhol protege Bibbe Hansen) has earned notice — and more than a few head scratches — for his output of elliptical songs, whose random lyrics are often cryptic to the point of indecipherability […]

05. TV On The Radio – Dear Science

TV On The Radio…… Und dann lange nichts…… Wirklich: jeder der diese Band kennt und um ihre Inkommensurabilität weiß, brauch an dieser Stelle nicht weiter lesen. Einfach hören. Genau und mit viel Zeit hören. Für alle anderen sei erwähnt, dass das dritte Album (ihr selbst vertriebenes Debüt nicht mitgerechnet) auf den Namen “Dear Science” hört und die unendlich hohen Erwartungen nach “Return To Cookie Mountain” in einer unverschämt spielerischen Leichtigkeit obsolet werden lässt.

Wie rezensiert man eigentlich ein nahezu perfektes Stück Popmusik? Das magisch anmutende musikalische Können dieser Brooklyner zu vermitteln – in Worten erscheint es ungenügend. Zunächst einmal sollte konstatiert werden, dass Tunde Adebimpe, Kyp Malone, David Andrew Sitek und ihre Mitstreiter den Kosmos des Zitatpop, der großen, überall vorbei schauenden Stilcollage nicht mehr verlassen werden. Wer dem nichts abgewinnen kann, wird an TVOTR auch nichts grandios finden. […]

04. Nine Inch Nails – Ghosts I-IV

Beängstigend. Die Produktivität dieses Mannes, von dem alle in den Neunzigern dachten, das nächste Jahr sei sein letztes. Lagen zwischen den ersten vier Alben jeweils fünf beziehungsweise sechs Jahre, dürfen wir uns seit „With Teeth“, anno 2005, über regelmäßigen Output erfreuen. Trent Reznor hat inzwischen Frieden gemacht mit seinen Dämonen. Nicht das er ein glücklicher Mensch geworden ist, aber er weiß mit ihnen gewinnbringend umzugehen und muss sich nicht mehr jahrelang vor der Welt verstecken. Er weiß, will hier heißen: hat es akzeptiert, dass er gut ist. Wohl auch, dass niemand, in dieser immer schäbigeren Alternative-Hardrock-Industrial-Szene, die Ästhetik des Leids so künstlerisch anspruchsvoll in Musik umzusetzen versteht, wie er. Ist das wirklich passiert, dass Korn und Marilyn Manson zeitweilig für seine Konkurrenz gehalten wurden? Noch beängstigender, was er nun, nur ein Jahr nach der immer noch schmerzenden Doppelpeitsche „Year Zero“ plus Remixalbum […]

03. Hot Chip – Made In The Dark

musikexpress.com:

Das gibt’s nicht oft in einer Redaktion, die den Meinungs- pluralismus ernst nimmt: Als der Plattenmeister die Februar- Wertungen der MUSIKEXPRESS-Redakteure einsammelte, bekam er für eine bestimmte Neuerscheinung nur 4,5- und 5-Sterne- Urteile zu hören (und eine Enthaltung). MADE IN THE DARK von Hot Chip kommt im Krieg der Sterne der ME-Redaktion, wenn man es mal mathematisch angeht, auf einen sagenhaften Durchschnittswert von 4,81 Sternen – und ist damit so was von Platte des Monats im Februar-ME, wie man es überzeugender kaum werden kann.
„Mehr Nerdism, mehr Elektronik“ als bisher hört Albert Koch auf dem dritten Hot Chip-Album […]

02. The Black Keys – Attack & Release

guardian.co.uk:

When any alternative band works with a fashionable producer, there’s always a danger that they’ll be overshadowed by the man behind the mixing desk. But Brian Burton, aka Danger Mouse, is not your usual fashionable producer. While the Pharrells of this world strive to make every artist they work with sound like them, Burton has shown, on his work with Gorillaz, Gnarls Barkley and Brit popsters the Shortwave Set, that he’s far more interested in bringing the best out of the artist.

And so it proves in this unlikely collaboration with Ohio retro blues-rock duo Dan Auerbach and Patrick Carney, who were initially approached by Burton to provide songs for an Ike Turner album. The soul veteran’s death last December put paid to that project, but Burton and the Black Keys realised that they had enough material to make the Keys‘ fifth album […]

01. The Kills – Midnight Boom

Mit vollster Überzeugung. Wie damals fühlt es sich an, als die Strokes und die White Stripes sich 2001 aufmachten, was vom Rock übrig war zu retten und Limp Bizkit und Korn obsolet werden zu lassen. Lässig dahin geworfen; schlampig unbekümmert; reduziert aufs nackte, melodiöse Songgewand; und doch immer inszeniert und mit doppelbödigen Authentizismus – das dritte Studioalbum der famosen Kills ist der in Worten ungenügend beschreibbare Hammer, das erstaunliche, perfekte kleine Stück Rockmusik.

Doch bedarf es dieser Diagnose an einigem Mut. Denn die Kills machen es dem intellektuell, analysierend Blick schwer. Ich unterstelle: gewollt. Sympathischen Authentizitätsbonus holen sie sich allenthalben ab in der Rockwelt. Etwa wenn Alison Mosshart, der Inbegriff der Göre, […]

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